Von: Fabio Köpenick
Nachhaltige digitale Öffentlichkeitsarbeit
In diesem Jahr fand die Bits & Bäume im Franz-Hitze Haus vom 16.06 bis zum 17.06.2023 in Münster statt. Dabei stand die Frage „Wie passen Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen?“ im Mittelpunkt. Dieser spannenden Herausforderung haben sich Expert*innen und Interessierte aus den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Öffentlichkeitsarbeit gestellt. Workshops und Vorträge luden dabei dazu ein gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und Kontakte zu knüpfen.
Mein Highlight war dabei der Vortrag zu nachhaltiger digitaler Öffentlichkeitsarbeit von Robert Gabriel. Als Mitgründer der Beratungsagentur metamine, steht er Projektenpartnern mit Tat und Rat zu nachhaltiger digitaler Transformation zur Seite.
Aktuell ist digitaler Öffentlichkeitsarbeit wenig nachhaltig. Dies liegt daran, dass Öffentlichkeitsarbeit größtenteils auf den großen Sozialen Medien stattfindet. Die marktbeherrschende Stellung nützt großen Technologiekonzernen und Betreibern von Social Media Plattformen außerhalb der EU. Diese nehmen 75% des gesamten Internettraffics weltweit ein und schränken die Diversität im digitalen Raum ein. Außerdem sind sie bemüht die Nutzer*innen auf ihren Plattformen zu halten, um massenhaft Daten zu sammeln und diese überwachungskapitalistisch zu nutzen z.B. Verkauf an Werbetreibende.
Die gesammelten Daten erstrecken sich über Kenntnisse zu Interessen, Persönlichkeit, (politischen) Meinungen, sexueller Orientierung bis hin zur Erkennung von biometrischen Merkmalen wie Gesichtern, Stimmen oder Umgebungen. Sie sind also sehr privater Natur und sollten der informationellen Selbstbestimmung unterliegen. Das Problem hieran: möchte man die Dienste der Plattformen nutzen, muss zwingend in die Weitergabe und Speicherung eingewilligt werden ohne Möglichkeiten einzelne Optionen abzulehnen. Es besteht also ein Quasi-Zwang durch den Netzwerkeffekt, nach dem Motto „wir sind auf diesen Plattformen, weil alle dort sind“, um die Stakeholder zu erreichen. Ebenso wird durch die privaten Betreiber und ihre geschlossenen Systeme die Interoperabilität, also die Erreichbarkeit von Menschen untereinander, wenn sie verschiedene Dienste nutzen, beschränkt.
Lösungsansätze hierzu bieten einerseits rechtliche Regulierungen durch die EU, wie zum Beispiel DSA und DMA. Diese gelten allerdings nicht weltweit. Auf der anderen Seite kann jede Organisation digitale Öffentlichkeitsarbeit nachhaltiger selbst planen und gestalten.
Robert Gabriel zeigt einige einfache Schritte auf, um digitale Öffentlichkeitsarbeit nachhaltiger zu machen:
• Öffentlichkeitsarbeit auch im nicht-privaten Raum posten, anstatt nur auf Big Tech zu setzen. Die Informationen auf der eigenen Website sind für alle zugänglich ohne Zwang zu Einwilligung zur Weitergabe von persönlichen Daten. Daher die klare Empfehlung: Website first. Außerdem entsteht Vielfalt durch die Möglichkeit zum Cross-Posting.
• Die Website nachhaltig gestalten. Hier bietet sich die Chance über die Wahl des Webhosters auf Ökostrom zu setzen und nachhaltiges Webdesign zu nutzen. Das spart Daten und somit Energie und damit Emissionen. Außerdem beinhaltet nachhaltiges Webdesign auch soziale Aspekte wie Barrierefreiheit und schnellere Ladezeiten, was auch dem Ranking in Suchmaschinen zugutekommt.
• Auf Newsletter setzen. In diesem Fall hinterlassen Interessierte Personen lediglich ihre E-Mailadresse, die im Zweifel nicht einmal den Klarnamen enthalten muss. Sie willigen also aktiv ein von einer Organisation Informationen zu erhalten. So haben sie es selbst in der Hand.
• Regeln für den Umgang mit konventionellen Social Media Anbietern festlegen. Dies lässt sich zum Beispiel mit Disclaimern darstellen, die auf die Problematik hinweisen. Außerdem empfiehlt Robert
Gabriel Sprache und Argumente passend zur Zielgruppe zu wählen. Was für Öffentlichkeitsarbeit generell hilfreich ist.
• So wenig, wie möglich biometrische Daten an Big Tech abgeben. Gerade größere Veranstaltungen geben hier gute Beispiele: Privatsphäre wahrende Bild Einstellungen und das aktive Fragen von Menschen, ob man ihr Einverständnis für Bild- und Tonaufnahmen hat oder direkt einfache Opt Out Möglichkeiten geben machen den ganzen Prozess nicht nur transparenter, sondern erhöhen auch das Vertrauen in die Zusammenarbeit. Darüber hinaus sollten nur Trailer oder Zusammenschnitte bei Big Tech landen. Alles andere schafft auch die eigene Homepage.
• Alternativen nutzen. Zum Beispiel das Fediverse. Das ist ein interoperabler Kosmos, von dem auch der Kurznachrichtendienst Mastodon ein Teil ist. Im Fediverse findet sich zu jeder der großen sozialen Plattformen ein Pendant.
Mehr Informationen dazu findet ihr auf dem Blog von Robert bei metamine.de https://metamine.de/2023/06/26/nachhaltige-digitale-oeffentlichkeitsarbeit-bits-und-baeume-nrw-2023-workshop
Der Artikel ist im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Universität Münster entstanden.